Von Waldemar L. Janiszewski

Er war ein Arzt für die Armen und die Reichen, für Deutschen, Polen und Juden, er behandelte alle mit der gleichen Sorgfalt. Seine Beerdingung zeugte davon, wie er geachtet wurde. Das letzte Geleit wurde ihm von über 3000 Einwohnern der Stadt Chodzież (Kolmar) gegeben und der Trauerzug war fast 3 Kilometer lang.

Dr. Paul Rau (1888-1934). Sammlung KH

Paul Rau ist am 21. März 1888 in Podanin geboren, in einer deutschen Familie. Sein Vater Gustaw war ein Kaufmann und ein Restaurator. Nach der Beendigung des Gymnasiums entschloss er sich Arzt zu werden. Die Doktorwürde bekam er an der Berliner Uni (Charite).. Er leistete einen einjährigen Militärdienst ab und kam mit dem Dienstgrad eines Unterleutnants der Reserve nach Chodzież zurück. Er wurde Chirurg am Krankenhaus der Joannici (Johanniter). Während des Ersten Weltkriegs diente er als Arzt in den Militärlazaretten an der Westfront. Die Tausende Operationen, die er an den verletzten Soldaten durchführte, führten dazu, dass er ein großartiger Arzt wurde. Dabei verlor er das Mitgefühlt für Schmerz und Leiden nicht. Dort wurde er ein Motorradliebhaber. Diese Passion hatte er bis zum Ende seines Lebens. Im Oktober 1918 kam er an seine Arbeitsstelle im Krankenhaus in Chodzież zurück. 1920 nahm er die polnische Staatsangehörigkeit an und blieb in Chodzież. In dem von ihm geleiteten Krankenhaus von Joannici war er der einzige Chirurg.

Das Haus in Podanin, in dem er geboren war (Fragment einer Postkarte). Sammlung von R. Szumowski

Dr. Rau wohnte an der Raczkowski-Str.7 (heute Wojska Polskiego-Str.7) über der Konditorei von Werwiński (heute ein Pub Nowa Czarka). Er hatte dort auch ein privates Arztzimmer, in dem er seine Patienten aufnahm und kleine chirurgischen Eingriffe ausübte. Alle behandelte er mit der gleichen Sorge, sowohl die Armen als auch die Reichen, Deutsche, Polen und Juden. Er war ein guter Mensch, von allen geehrt. Noch heute sprechen die Einwohner, die ihn noch nicht vergessen haben, mit großer Achtung über ihn.

Das Krankenhaus von Joannici in Chodziez (Kolmar). Sammlung von R. Szumowski

Am Montag 19. März 1934 am Vormittag wurde er zum Ort Grabówko zu einem schwerkranken Patienten gerufen. Auf dem Rückweg wollte sein schwerer Motorrad BMW nicht anspringen. Der Doktor probierte es anzuschieben. Das Motorrad sprang an und setzte sich heftig in Bewegung und zog gleichzeitig den Doktor mit. Er stürzte und erlitt eine leichte Verletzung des Knies. Nachdem Rau nach Hause gekommen war, behandelte er die Wunde aber maß ihr keine Bedeutung zu.
Am nächsten Tag übte er noch eine Operation im Krankenhaus aus. Einen Tag später feierte er seinen 46. Geburtstag. Im Krankenhaus bekam er Wünsche und Blumen, aber fühlte sich nicht gut und trank sogar keinen Toast auf seine Gesundheit aus. Früher als normalerweise ging er nach Hause. Am Donnerstag nahm er nachmittags noch seine Patienten auf, jedoch musste er wegen hohen Fiebers und Schüttelfrostes die Untersuchung unterbrechen. Mit einem Krankenwagen wurde er zum Posener Krankenhaus der Schwestern Diakoniski (Diakonissen) transportiert. Er starb eine Woche später am 28. März 1934. In dieser Zeit war der Wundstarrkrampf eine tödliche Krankheit.
Dr. Rau wurde auf dem evangelischen Friedhof in Podanin begraben. Das letzte Geleit wurde ihm von über 3000 Einwohner der Stadt Chodzież (Kolmar) gegeben und der Trauerzug war fast 3 Kilometer lang. Heute ist es schwer eine Spur von dem Doktor in Chodzież zu finden, und auf dem Friedhof in Podanin gibt es sein Grab nicht mehr. Es bleibt nur die Erinnerung der Leute, die ihn kennergelernt haben. Seinen Arbeitsplatz im Krankenhaus übernahm Dr. Tadeusz Redelbach (1905-1980) aus Margonin.
Waldemar L. Janiszewski (übersetzt aus dem Polnischen von Alfons Hemmerling, geringfügig sprachlich modifiziert von Rolf Rau).

Zapomniany doktor z Podanina